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Marx und Engels unterm Weihnachtsbaum

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Lesen Sie diesen glänzenden autobiografischen Essay von Prof. Werner Plumpe über die Irrtümer und Ideologien der Neuen Linken seit den späten 1960ern. Unter der Überschrift “What’s left” bloggen mein Kollege Rainer Hank und andere über linke Jugendirrtümer und neue Erkenntnisse. Hanks These ist, dass die Marktwirtschaft jene besseren Verhältnisse für die breite Masse schafft, welche die Linken immer nur versprochen haben, aber nicht liefern konnten. Eine Sache gibt mir zu denken: Während ich schon viel Literatur von Ex-Linken gesehen habe (etwa von Koenen “Das rote Jahrzehnt”), kenne ich wenig Bekenntnisschriften von Leuten, die rechts waren (und sind). Rechtssein ist heute ein größerer Tabu-Bruch als es alle linken Pseudo-Provokationen in den Siebzigern waren, die doch oftmals nur offene Türen einrannten.

Eine seltsame IWF-Prognose für Griechenland

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Wer kann das glauben? 2,5 Prozent Wachstum sagt der IWF im neuen “World Economic Outlook” (S. 51) für Griechenland in diesem Jahr  voraus, für nächstes Jahr 3,7 Prozent.

Mit dieser überaus optimistischen Wachstumsprognose überrascht der Internationale Währungsfonds (IWF), der in den Verhandlungen über das Sanierungsprogramm eher als strenger Gläubiger auftritt. Selbst in Troika-Kreisen ist man verblüfft. Aus EZB-Kreisen ist zu hören, dass diese Prognose viel rosiger ist als das, was Poul Thomsen, der Leiter der Europa-Abteilung und IWF-Abgesandte in der Troika, sonst an Analysen äußert. Die IWF-Prognose liegt sogar über dem, was die Athener Regierung selbst für möglich hält (1,4 Prozent). Wie kann das sein? Glauben die IWF-Ökonomen an eine ökonomische Wunderkurve?

Alles deutet darauf hin, dass Griechenland im Winter wieder in eine Rezession gefallen ist. Seit der Aussicht auf vorgezogene Neuwahlen und dem Regierungswechsel Ende Januar ist die Unsicherheit über Griechenlands Zukunft so groß, dass fast alle Unternehmen ihre Investitionen erst einmal gestoppt haben. Die Entwicklung des vierten Quartals 2015 fiel negativ aus (minus 0,4 Prozent). Für das erste Quartal 2015 schätzt der Chefvolkswirt der Athener Eurobank Platon Monokroussos etwa 0,5 Prozent BIP-Schrumpfung. Nach diesem katastrophalen Start ins Jahr wird es für die griechische Wirtschaft äußerst schwierig, überhaupt noch ein Plus in diesem Jahr zu schaffen. 2,5 Prozent Plus, wie der IWF im WEO schreibt, erscheinen selbst den größten Optimisten in Athen absurd.

Der IWF hat in Griechenland schon einige Fehler gemacht. Hinter den Kulissen gab es heftiges Gezerre um die Hilfskredite an Athen – einige südamerikanische und asiatische Anteilseigner  fanden, dass der IWF seine Regeln unstatthaft dehne und Athen mit viel zu viel Geld unter die Arme greife, während Athen viel weniger an Reformen liefere als den Südamerikanern in den achtziger Jahren und den Asiaten in den späten neunziger Jahren während ihrer Finanzkrisen zugemutet wurde.

Kann es sein, dass die IWF-Zahl im WEO eine rein politische Zahl ist – weil bei einem hohen prognostizierten Wachstum die Schuldenquote nicht zu arg steigt (zumindest auf dem Papier)?

Die Verschleierung des griechischen Desasters und die Insolvenzverschleppung gehen weiter.

Und ebenso wird wieder rhetorisch viel Wind gemacht: Finanzminister Giannis Varoufakis sagte heute in Washington, wer über eine “Grexit” spekuliere, der sei “anti-europäisch” – ein billiges Schimpfwort.

Das dritte Griechen-Hilfspaket kommt – schlecht für den Euro, gut für die AfD

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Langsam tröpfelt die Wahrheit heraus: Griechenland ist pleite, das Land braucht spätestens in vier Monaten ein neues, drittes Hilfsprogramm.  Nicht nur, weil im Juni/Juli mehrere große Anleihen fällig werden und zurückgezahlt werden müssen, klafft ein Milliarden-Loch im Athener Haushalt. Nein, auch das Syriza-Chaos trägt dazu bei. Die Konjunktur in Griechenland läuft wieder schlechter und die Steuereinnahmen bleiben hinter den Erwartungen zurück, denn Syriza hat den Wählern das Blaue vom Himmel und Steuer-Erleichterungen versprochen.

Nun hat Spaniens Wirtschaftsminister Luis de Guindos unvorsichtigerweise ausgeplaudert, dass es in EU-Kreisen schon Gespräche über ein drittes Hilfsprogramm gebe. 30 bis 50 Milliarden Euro nennt er als Größenordnung für das neue Kreditpaket. Natürlich dementierten Eurogruppen-Chef Dijsselbloem und EU-Kommissionpräsident Juncker den Leak des Spaniers. Es gebe keinerlei Gespräche über ein drittes Hilfsprogramm, behaupten sie. Wir erinnern uns an Jean-Claude Junckers Motto: „Wenn es ernst wird, muss man lügen.“

Lügen, Halbwahrheiten und gebrochene Versprechen pflastern den Weg der Euro-Krise. Vor anderthalb Jahrzehnten startete die Euro-Währungsunion mit dem allgemeinen Versprechen, jedes Land haftet nur für seine eigenen Schulden. Erinnern Sie sich noch an das CDU-Wahlplakat „Was kostet uns der Euro“ von 1999? Unter der Überschrift: „Muss Deutschland für die Schulden anderer Länder aufkommen?“ hieß es: „Ein ganz klares Nein! Der Maastricht-Vertrag verbietet ausdrücklich….“

Papier ist geduldig. Was kümmert uns unser Geschwätz von gestern. Seit 2010 wird der Maastricht-Vertrag in Permanenz verletzt. Die damalige französische Finanzministerin und heutige IWF-Direktorin Christine Lagarde hat es dankenswert klar ausgedrückt: „Wir mussten Verträge brechen, um den Euro zu retten.“

Aber wird wirklich „der Euro“ gerettet? Zunächst wurden die Gläubiger von Pleitestaaten gerettet. Das waren Banken, Versicherungen, Pensionsfonds. Den Bürgern in den mitteleuropäischen Ländern wurde erzählt, dass sie damit letztlich ihre eigenen Guthaben, Versicherungen und Pensionen retten. Nun ja, das kann man so sehen.

Aber inzwischen haben von den Euro-Krisenländern von Irland bis Portugal alle bis auf eines die Kurve gekriegt. Das schwarze Schaf ist Griechenland. Schuld ist nicht etwa das brutale Berliner Spar-Diktat, sondern eine unfähige griechische Staatsorganisation, seine politische Klasse und eine inkompetente, korrupte Bürokratie, die seit Jahrzehnten ihre Klientel bedient, Staatsgeld (und EU-Subventionen) verplempert, Investoren durch Bürokratie und Schmiergeldhürden gängelt, keine produktive, wettbewerbsfähige Wirtschaft entstehen lässt. Und die jetzige Regierung aus den Syriza-Ultralinken erzählt den Bürgern das Wahl-Märchen, dass sie mit der staatszentrierten Wirtschaftspolitik und dem überblähten Beamtenapparat und den nicht finanzierbaren Sozialleistungen weitermachen sollten…

Es ist Zeit, einen Schlussstrich zu ziehen. Statt mit einem dritte Hilfspaket weitere Zig-Milliarden in dieses Fass ohne Boden zu werfen, sollte Griechenland der Notausgang gewiesen werden. Die bisherigen Hilfskredite sind dann weitgehend abzuschreiben, aber diese Kredite sind ohnehin weitgehend verloren. Das ist die Lüge der „Retter“, dass Griechenland im Euro die Kredite zurückzahlen könne. Der CDU-Fraktionsvize Fuchs tönte noch vor kurzem: „Kein Cent wird erlassen…“ Das ist Politiker-Geschwafel.

Vermutlich werden sich unsere Euro-Rettungspolitiker, Merkel, Schäuble & Co aber nicht trauen, einen Schlussstrich zu ziehen. Sie sind erpressbar und gehemmt durch ihre eigene Ideologie, durch die fixe Idee des „Scheitert der Euro, scheitert Europa“. Das heißt übersetzt: Keinesfalls darf ein Vollversager-Mitglied ausscheiden. Dabei sagen ernstzunehmende Ökonomen: Einmal ein Mitglied auszuschließen, das sich dauerhaft gegen die Regeln und die wirtschaftliche Vernunft stellt, das könnte längerfristig die Stabilität eher erhöhen, weil die Regeln dann wieder glaubwürdiger werden. Der Grexit könnte den Euro mithin längerfristig sogar stärken, wenn die kurzfristigen Turbulenzen überstanden sind.

Aber davon wollen Schäuble, Merkel & Co nichts hören. Sie sind Gefangene ihrer eigenen Europa/Euro-Ideologie. Deshalb werden sie wohl ein neues, ein drittes Hilfspaket schnüren.

Und der deutsche Wähler-Michel wird es wohl mehrheitlich mit sich machen lassen.

Einzige bittere Pille für Angela Merkel: Rechts von der nach links gerückten CDU, die ihre Euro-Versprechen gebrochen hat, entsteht eine neue, rechtsbürgerliche Konkurrenz, die AfD. Das dritte Griechenland-Paket ist ein Konjunkturprogramm für diese noch junge Partei.

Gabriel meets Erhard

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Was hat SPD-Chef Sigmar Gabriel mit Ludwig Erhard, dem “Vater des Wirtschaftswunders” gemeinsam? Bis auf die füllige Figur und das Ministeramt eigentlich nichts. Gabriels Eingriffe in die Wirtschaft und seine Sozialpolitik hätte der Marktwirtschaftler Erhard strikt abgelehnt. Trotzdem versucht Gabriel, Ludwig Erhards “Wohlstand für alle” in seinem Sinne umzudeuten. Er macht dabei einige dicke Schnitzer, wie sich bei einer Rede in Erhards Geburtsstadt Fürth kürzlich zeigte. Hier eine scharfe Kritik von mir auf der Seite der Ludwig-Erhard-Stiftung.

Der Grexit als Notausgang

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Griechenlands Finanzminister Giannis Varoufakis ist ein bemerkenswert ehrlicher Typ. Nach all den Halbwahrheiten und Halblügen in der Euro-Krise mit der jahrelangen Insolvenzverschleppung des griechischen Staates, redet Varoufakis jetzt Klartext: “Ich bin der Finanzminister eines bankrotten Landes”, sagte er im Interview den Kollegen der “Zeit”. Folglich war es höchste Zeit, dass die EZB griechische Staatsanleihen nicht mehr als “Sicherheiten” akzeptiert.

Ebenfalls bemerkenswert ist, was Varoufakis noch vor drei Wochen  in seinem Blog notierte, das war kurz vor der Parlamentswahl, welche die Tsipras-Regierung ins Amt brachte. Dort erklärte der Ökonom “Ela” – die berüchtigte Emergency Liquidity Assistance für angeblich solvente, nur temporär illiquide Banken (so behauptet die EZB). Varoufakis schrieb ganz freimütig: “Das Ela-System gestattet einfach nur den bankrotten Banken, die ein bankrotter Fiskus nicht zu retten vermag, sich von der Bank of Greece Geld gegen Pfänder zu leihen, die nicht mehr viel wert sind.” Danke für die offenen Worte über die bankrotten Banken. Also ist es ein schwerer Fehler, dass die EZB heute den Ela-Rahmen für Griechenland nochmals um 5 Milliarden Euro ausgeweitet hat. Bankrotte Banken dürfen kein Ela bekommen.

Man kann es drehen und wenden, wie man will: Griechenland ist ein hoffnungslos überschuldeter Staat mit einer unfähigen Verwaltung und einer viel zu schwachen Wirtschaft. Griechenland hätte niemals in die Euro-Währungsunion hereingelassen werden dürfen. Die Menschen in Griechenland tun mir leid, weil sie nun wirklich eine sehr harte Zeit durchmachen. Sie sind aber nicht ganz unschuldig. Leider haben sie über vier Jahrzehnte das korrupte, klientelistische Politsystem durch Wiederwahl unterstützt. Der große Bailout für rund 240 Milliarden Euro kam kaum den Menschen in Griechenland zu gute, sondern er hat zu 90 Prozent die Gläubiger Griechenlands gerettet. All das war eine Riesensauerei.

Verantwortlich sind die “Euro-Retter” (Schäuble & Co). Sie haben über viele Jahre den Steuerzahlern Sand in die Augen gestreut und behauptet, es gehe nur um Garantien für Kredite, die alle zurückgezahlt werden würden. Pustekuchen. Griechenland ist bankrott (sagt sein Finanzminister), die Banken dort sind bankrott (sagt der Finanzminister), und die 240 Milliarden Euro Rettungsgelder sind in einem “schwarzen Schuldenloch” (Varoufakis) verschwunden. Das ist leider die traurige Wahrheit.

Nun wäre es an der Zeit, die Rettungsfarce zu beenden. Der Grexit hat viel von seinem Schrecken verloren. In den Jahren zuvor wurde viel vor angeblich möglichen Domino- oder Ansteckungseffekte gewarnt. Das ist heute nicht mehr das Thema. 

Der Grexit wäre ein Ende mit Schrecken, ist aber besser als ein Schrecken ohne Ende. Deutschland wird bei einem nochmaligen Schuldenschnitt etwa 40 bis 50 Milliarden Euro Rettungskredite abschreiben müssen. Schäuble müsste dafür die Verantwortung übernehmen. Griechenland wird nochmal eine sehr harte Zeit durchmachen, kann dann aber mit einer abgewerteten Währung und nach dem Schuldenschnitt einen frischen Start bekommen. Lasst Griechenland endlich gehen!

Der neue verdeckte Schuldenschnitt für Athen

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Fünf Jahre nach dem Beginn der Aktion “Euro-Rettung” (mit fortlaufenden, den Maastricht-Vertrag verletzenden Bailouts) ist die Tragödie in Griechenland an einem kritischen Punkt angelangt. Die neue linkspopulistische Regierung Tsipras fordert abermalige Erleichterungen bei den Schulden. Schon wieder?

Es wäre der dritte Schuldenschnitt. Vor einer Woche schrieb ich in der FAZ einen kleinen Artikel “Wie viel Schulden Griechenland schon erlassen wurden”. In dem Artikel erinnerte ich daran, dass es neben dem “offenen” Schuldenschnitt vom März 2012 – der einen mehr als 50-prozentigen Verzicht der damals noch überwiegend privaten Gläubiger in Höhe von gut 105 Milliarden Euro erzwang – auch noch einen zweiten, aber verdeckten Schuldenschnitt gab: nämlich die erheblichen Änderungen von Laufzeiten und Zinsen auf die bilateralen und EFSF-Kredite an Griechenland. (Zur Erinnerung: Die bilateralen Kredite belaufen sich auf 141 Milliarden Euro, die EFSF-Hilfskredite auf 52,9 Milliarden Euro.) Durch diese Änderungen – längere Laufzeiten und niedrigere Zinsen – sank der Barwert der Forderungen des EFSF um rund 40 Prozent, so die Rechnung, die der Chef des EFSF-/ESM-Hilfsfonds Klaus Regling jüngst öffentlich machte. Ich schrieb, der EFSF habe “auf 40 Prozent seiner Forderungen verzichtet”.

Offenbar hatte ich einen wunden Punkt getroffen. Kurz darauf kam ein Leserbrief des ESM-Pressesprechers: “Aus Klaus Reglings Aussage einen Forderungsverzicht abzuleiten, ist sachlich nicht richtig und irreführend, da dadurch keinerlei Kosten für Steuerzahler in Deutschland oder anderen Euro-Mitgliedstaaten entstanden sind”, lauteten die Kernsätze .

Wer hier wen irreführt, ist doch sehr die Frage. Auf den rechtfertigenden Brief des ESM-Sprechers kam prompt als Antwort der Brief des pensionierten Landesbank-Aufsichtsratsvorsitzenden Bernd Lüthje, der klarstellte, dass der ESM durch die Barwert-Minderung sehr wohl einen Forderungsverzicht geleistet hat. Fakt ist: Die Steuerzahler Europas bekommen in der Zukunft sehr viel weniger zurück von dem Geld als ursprünglich vereinbart war.

Und nun zur neuesten genialen Idee des neuen griechischen Finanzministers Varoufakis: In “ewige Anleihen” will er die alten Bonds umwandeln, zumindest jene, welche die EZB hält. (Vor ein paar Wochen sagte ich voraus, dass die Rückzahlung “ad calendas graecas” verschoben würde…) Das wäre nun ebenfalls ein erheblicher Forderungsverzicht und eine eindeutige monetäre Staatsfinanzierung. Trotzdem wird in manchen Agenturmeldungen verschwiemelnd gesagt, dass die Griechen von ihrer Maximalforderung eines Schuldenschnitts “zurückruderten”  und stattdessen “nur” noch eine Umschuldung forderten. Pardon, aber das ist im Endeffekt das gleiche: Ein Schuldenschnitt reduziert den Nominalwert einer Forderung (und daraus abgeleitet gibt es künftig weniger Zinsen und Rückzahlung), eine Umschuldung bedeutet eine Reduktion des Barwerts (weil es künftig weniger Zinsen und eine spätere Rückzahlung gibt). Beides ist ökonomisch gesehen das gleiche!

Allerdings ist die zweite Methode für die Rettungs-Europäer in der Politik der elegantere Weg, weil sie dem dummen Steuerzahlervolk nicht offen ins Gesicht sagen müssen, dass ihre Hilfskredite zu einem großen Teil verloren sind. Seien wir ehrlich: Das Geld ist verloren. Es ist im “schwarzen Schuldenloch” (Varoufakis) verschwunden (in Wirklichkeit ist es natürlich nicht weg, es ist halt bei den Banken und anderen Gläubigern Griechenlands, die vom sukzessiven Bailout profitiert haben).

Warum wird diese Wahrheit nicht offen eingestanden? Schäuble und die anderen Euro-Retter wollen das Eingeständnis vermeiden, dass sie viele Zig-Milliarden an Steuergeld versenkt haben. Deshalb werden sie noch ein paar Wochen “hart bleiben” – bis am Ende doch ein fauler Kompromiss geschlossen wird: Noch ein verdeckter Schuldenschnitt für Athen, und im Gegenzug gibt es Reformversprechen, welche die Griechen in den vergangenen fünf Jahren schon mehrfach abgegeben haben… Es ist wahrlich eine Tragödie.

Selbst-Zensur, die Schere im Kopf

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Es gibt hierzulande keine Zensur, aber jede Menge Selbst-Zensur. Eine Schere im Kopf. Die Wirkungsweise der “Schweigespirale” hat Elisabeth Noelle-Neumann vor über dreißig Jahren beschrieben. Menschen trauen sich nicht mehr, ihre wahre Meinung zu sagen, weil sie aus Furcht vor sozialer Isolation sich der angeblichen Mehrheitsmeinung anpassen. Seit dreißig Jahren erleben wir, wie eine linksgerichtete “Political Correctness” es in Europa immer schwieriger macht, über viele Probleme offen zu debattieren. Die eine (linke) Seite oktroyiert der anderen Seite eine “korrekte” Meinung auf, bestimmte Begriffe und ideelle Konzepte darf man kaum noch aussprechen, ohne dass – Neudeutsch gesprochen – ein Shitstorm inszeniert wird.

Das erleben wir etwa, wenn es um die Folgen der Zuwanderung geht. Ich bestreite nicht, dass Deutschland (qualifizierte) Zuwanderung braucht, aber die Politik hat über Jahrzehnte versagt, die Zuwanderung entsprechend zu steuern. Die Schattenseiten versuchen viele Journalisten nun dadurch auszublenden, indem sie systematisch Fakten (etwa über die ethnische Herkunft von Kriminellen) unter den Teppich kehren und verschweigen. Das ist peinlich, weil die Leser sich inzwischen im Internet leicht anderswo informieren können. Ein Beispiel waren neulich die Randale eines libanesisch-kurdischen Clans in Hameln – in vielen Medien war nur von einer ominösen “Großfamilie” die Rede. Wenn systematisch Fakten unterdrückt werden, kann ich den Ärger der Leser gut verstehen.

Nach den Terror-Anschlägen mehrerer Islamisten in Paris auf die Satirezeitung “Charlie Hebdo” konnte man viel Anteilnahme, aber auch viel Heuchelei beobachten. Unter den Regierungschefs, die sich in Paris “solidarisch” zeigten und angeblich für die Pressefreiheit demonstrierten, waren jede Menge mehr oder weniger harte Despoten, die zuhause die Presse kujonieren. Und zweitens: Obwohl die Täter sich ja eindeutig auf den Islam beziehen, dessen Geschichte von Mohammed an voller Gewalt ist, beeilte sich fast die gesamte politische und intellektuelle Klasse zu behaupten, “das hat nichts mit dem Islam zu tun”. Erst später trauten sich einzelne, etwas differenzierter zu sprechen.

Und die Meinungs- und Pressefreiheit? Ist sie durch die Reaktionen und Demonstrationen nach dem Massenmord von Paris gestärkt worden? Ich bezweifle das. Die Angst, bissig-kritisch über den Islam zu sprechen, ist überall greifbar. Jetzt kam heraus, dass sie beim Kölner Karneval einen prämierten Entwurf für einen Wagen aus Furcht vor islamischen Reaktionen abgesagt haben: Darauf war zu sehen, wie ein Mann/Zeichner/Journalist einem islamischen Terroristen einen Bleistift in den Gewehrlauf rammt. Wie feige von dem Karnevalsverein, diesen Wagen aus dem Programm zu nehmen. Vielleicht sollte man einen neuen Wagen mit einem neuen Symbol für die geistige Verfassung des Westens konzipieren. Was wäre das geeignete Symbol? Ich schlage vor: eine sehr große Schere, die viele im Kopf tragen.

Eine offene Debatte über Kosten und Nutzen der Zuwanderung

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Die Migration nach Deutschland hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. 2013 kamen netto fast eine halbe Million Menschen, 2014 stieg vor allem die Flüchtlingswelle an. Ist das ein Segen oder eine Belastung? Da die Qualifikation der Zuwanderer besonders aus Südeuropa deutlich besser ist als in der Vergangenheit, profitiert Deutschland von viele Zuwanderern der jüngsten Vergangenheit. Die bisherige Zuwanderung, beginnend mit Gastarbeiterwellen, die in den 70ern dann arbeitslos wurden, war aber wohl ein Minus-Geschäft, wie Hans-Werner Sinn in einem Aufsatz für die FAZ zum Jahreswechsel vorgerechnet hat. Deutschland liegt bei der Qualifikation der Zuwanderer ziemlich weit unten im internationalen Vergleich, deshalb hat die bisherige Einwanderung den Staat mehr belastet als sie fiskalisch einbring.
Der Ifo-Chef hat sich darin die teils arg verzerrten Medienberichte auf eine ZEW-/Bertelsmann-Studie vorgeknöpft. Sinns mutiger Text hat ihm ein gewaltiges Echo und hunderte Leserkommentare, aber auch keifende Reaktionen eingebracht. In Deutschland kann über das Thema Zuwanderung offenbar nicht jenseits politisch-korrekter Stereotypen („eine Bereicherung“) diskutiert werden. Umso mehr ziehe ich meinen Hut vor Leuten wie Sinn, die sich trauen, die Phrasen zu hinterfragen. Auf Sinn hat Holger Bonin geantwortet. Im Grunde sind sie sich einig: Deutschland muss die Zuwanderung besser steuern und die Zuwanderer nach Qualifikation auswählen. Ich habe über den Jahreswechsel das hoch interessante Buch „Exodus“ von Paul Collier gelesen. Demnächst kommt eine Rezension von mir in den „Politischen Studien“, einer Zeitschrift der Hanns-Seidel-Stiftung.

Die EZB am Rubikon: Eurobonds durch die Hintertür

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Im siebten Jahr der Finanzkrise, die sich zu einer Euro-Krise auswuchs, steht die Europäische Zentralbank kurz vor einer folgenschweren Entscheidung: dem größten Anleihekauf ihrer Geschichte für möglicherweise 1000 Milliarden Euro. Es gibt starke Kräfte in und außerhalb der Notenbank, die zu dieser im Fachjargon „quantitative Lockerung“ genannten Operation drängen. Dieser Schritt würde die Währungsunion fundamental verändern. Die EZB würde durch die Hintertür Eurobonds einführen, denn der Anleihekauf bedeutete eine Gemeinschaftshaftung für Schulden, die im Maastricht-Vertrag eigentlich ausgeschlossen war, eigentlich. Leitartikel in der FAZ.