Author Archives: Philip Plickert

Ein schwarzer Kritiker des Rassismus-Schlagworts

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Thomas Sowell, einer der wichtigsten afro-amerikanischen Ökonomen, steht quer zum Zeitgeist.

Die „Black Lives Matter“-Bewegung hat in Amerika und auf der ganzen Welt einen neuen Rassismusstreit angefacht: Ein breiter Strom von Aktivisten und Politikern beklagt strukturellen Rassismus, Diskriminierung und Benachteiligungen von Schwarzen, die niedrigeren Einkommen und hohen Inhaftierungszahlen. Kulturelle und soziale Faktoren auch innerhalb ihrer Milieus werden hingegen kaum diskutiert, etwa der hohe Anteil an zerbrochenen Familien, hohe Schulabbrecherquoten, Drogen-, Macho-, Gangsterrap-Kultur und grassierende Gewaltkriminalität in vorwiegend afroamerikanischen Stadtvierteln.

Ein Mann, der sich fast sein ganzes Leben als Betroffener, als Ökonom, Soziologe und Historiker mit den Fragen beschäftigt, warum es Ungleichheiten und Unterschiede zwischen ethnischen Gruppen gibt, ist Thomas Sowell. Sowell war einer der ersten bekannten schwarzen Wirtschaftsprofessoren in den Vereinigten Staaten und jahrzehntelang Zeitungskolumnist, noch heute hat er eine große Fangemeinde. Seit seiner Doktorarbeit an der Universität Chicago im Jahr 1968 hat er an renommierten Hochschulen wie die Universität von Kalifornien in Los Angeles gelehrt, zuletzt forschte er an der Hoover Institution der Stanford Universität. Er hat eine beeindruckende Reihe von fast dreißig Büchern geschrieben.

Der Chicago- und Standford-Ökonom John Cochrane meinte jüngst in seinem Blog, anlässlich eines Artikels im „City Journal“ zu Sowells 90. Geburtstag, wenn das Stockholmer Komitee der Schwedischen Wissenschaftsakademie nach einem schwarzen Kandidaten für den Nobelpreis in diesem Herbst suche, sollte es ernsthaft über Sowell nachdenken.

Das wird wohl nicht passieren, denn Thomas Sowell steht quer zum Zeitgeist. Er ist ein scharfer Kritiker schwarzer Klischeepolitik ist. Harte Worte hat er gegen „Progressive“, die überall Rassismus wittern. „Das Wort Rassismus ist wie Ketchup, man kann es praktisch auf alles draufschmieren – und wenn man nach Belegen fragt, macht einen das zum Rassisten“, schrieb Sowell. Seiner Meinung nach ist der Rassismus-Vorwurf oft nur ein politisch-ideologisches Schlagwort, eine billige Keule, die kompliziertere Argumente abwehren soll.

Sowell weiß selbst nur zu gut, wie schwer es Schwarze in den Vereinigten Staaten hatten und haben. Die Karriere zum Wirtschaftsprofessor war ihm nicht in die Wiege gelegt. Sein Lebensweg, den er in „A Personal Odyssey“ beschreibt, begann 1930 in North Carolina in einem Ort mit fast nur afroamerikanischer Bevölkerung, in jungen Jahren wurde er Halbwaise. Eine Großtante adoptierte ihn, zog mit ihm nach New York, dort wuchs er im Ghettoviertel Harlem auf. Als Teenager war er regelmäßig Opfer von Schlägerbanden, mit der Tante verkrachte er sich. Die Schule brach er ab, ging zum Militär, arbeitete als Photograph.

Erst auf dem zweiten Bildungsweg kam er an ein „schwarzes“ College, schließlich nach Harvard. Der junge Ökonom arbeitete im Arbeitsministerium, wo er die schlechte Wirkung eines hohen Mindestlohnes auf die Beschäftigungschancen junger Schwarzer erkannte. Als junger Mann war er Marxist, in Chicago wurde er zum Liberalen. Vor allem George Stigler, Milton Friedman, Gary Becker sowie Friedrich August von Hayek haben sein marktwirtschaftliches, staatsskeptisches Denken geprägt.

Seit den siebziger Jahren hat er sozio-ökonomische und demographische Unterschiede zwischen ethnischen Gruppen untersucht, daraus gingen Bücher wie „Race and Economics“, „Ethnic America“ und „The Economics and Politics of Race“ hervor. Sowells Erkenntnis: Es ist falsch, nur Unterschiede zwischen „Weißen“ und „Schwarzen“ zu betonen, es gibt auch große sozio-ökonomische Unterschiede zwischen und innerhalb anderer Gruppen. Juden, die im späten 19. Jahrhundert mittellos aus Osteuropa nach Amerika kamen, schafften es trotz antisemitischer Diskriminierungen ganz nach oben. Auch chinesische Arbeiter-Immigranten in Kalifornien sowie die Japaner, die im Zweiten Weltkrieg massenhaft interniert waren, verdienten später deutlich mehr als der Durchschnitt. In vielen anderen Ländern gelang es Minderheiten, sehr erfolgreich zu sein.

Die Gründe dafür waren vielfältig, teils liegt es an historischen Zufälle, wann und wie Einwanderer in ein Land kamen und wo sie siedelten, ob in prosperierenden oder absteigenden Regionen. Ein Schlüsselwort für den Aufstieg lautete aber meist „Humankapital“ – Talent, Bildung und Fleiß. Gleichzeitig ist es ein Faktum, dass eher ärmere Bevölkerungsschichten eine größere Kinderzahl haben, betont Sowell. Das kann einen negativen Kreislauf in Gang setzen: Viele Kinder, schlechte Ausbildung, wenig Einkommen, hohe Delinquenz, zerbrochene Familien etc..

Seit den sechziger Jahren unternahmen amerikanische Regierungen, angefangen mit dem Demokraten Lyndon B. Johnson, den Versuch, durch eine umgekehrte oder „positive“ Diskriminierung mehr Schwarzen Universitätskarrieren zu ermöglichen; zudem gibt es Gesetze, dass Unternehmen von Minderheiten bei Staatsaufträgen bevorzugt werden. Sowell hat in seinem Buch „Affirmative Action around the World“ (2004) gezeigt, dass solche Quoten- und Positiv-Diskriminierungspolitik, die auch in Staaten wie Malaysia, Sri Lanka, China und Nigeria praktiziert wird, nicht die gewünschten Resultate bringt. Stattdessen ruft sie viel böses Blut und Klagen über Ungleichbehandlungen hervor. Von den Staatsaufträgen profitiert oft eine kleine Schicht bevorzugter Minderheits-Millionäre, nicht die Masse der Benachteiligten. Und werden gering-qualifizierte schwarze Bewerber per Vorzugsbehandlung an Eliteuniversitäten geholt, scheitern sie oft, die Studiumsabbrecherquoten sind hoch.

Sowell hält nichts von umgekehrt rassistischer Quotenpolitik. Stattdessen plädiert er leidenschaftlich für ein besseres Schulsystem, zuletzt in seinem vor kurzem erschienenen Buch „Charter Schools and their Enemys“. Charterschulen sind Schulen in freier, privater Trägerschaft, die vom Staat (mit-)finanziert werden. Sowell zeigt, wie solche freien Schulen – gerade auch für schwarze Kinder – bessere Resultate erzielen. Der konservative Ökonom wettert gegen linke Lehrergewerkschaften und Politiker, die solchen privaten Schulinitiativen behindern. Eine verfehlte „progressive“ Bildungs- und Sozialpolitik sei es, die gerade Kinder aus bildungsschwachen, schwarzen Familien im Abseits gefangen halte. Nicht Rassismus, sondern – oft gut gemeinte – falsche Politik ist seiner Meinung nach das Hauptproblem. Dem aktuellen Rassismusstreit täte es gut, die Perspektive zu ändern.

Coleman Hughes: The Nonconformist (Porträt über Thomas Sowell), in City Journal, Sommer 2020.

Der “unsichtbare Killer” lähmt London

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Geschäfte, Restaurants und Pubs sind noch geöffnet in der britischen Hauptstadt – doch es kommen kaum Kunden aus Angst vor dem Coronavirus. Supermärkte wollen Panikkäufer stoppen. Die Stimmung ist wie auf einer Beerdigung. Die Regierung verspricht viel Geld.

Es ist gespenstisch leer im Zentrum. Manche bizarre Attraktion buhlt hier um Besucher, etwa „Body Worlds“ am Piccadilly Circus, die Ausstellung mit den präparierten Leichen. „Normalerweise haben wir mindestens dreihundert Besucher an einem Wochentag, heute sind nur dreißig gekommen“, sagt der Kassierer am späten Dienstagnachmittag. Wie es weitergeht? Der Mann zuckt die Schultern.

„Wir stehen im Krieg mit einem unsichtbaren Killer“, tönt Gesundheitsminister Matt Hancock. Nachdem der Regierung Boris Johnson ein zu lasches Vorgehen gegen die Coronavirus-Pandemie vorgeworfen wurde, macht sie nun eine Kehrtwende. Johnson rief alle Bürger auf, soziale Kontakte weitgehend zu stoppen und nicht mehr in Kneipen, Klubs und Theater zu gehen.

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Ein Ende der Brexit-Blockade

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Dieser überraschend deutliche Ausgang der britischen Parlamentswahl markiert eine Zäsur für das Land und Europa. Der haushohe Sieg der Konservativen von Boris Johnson und der Absturz von Labour unter dem Linksaußen Jeremy Corbyn schaffen Klarheit über die künftige Richtung. Damit haben die Wähler das Brexit-Votum von 2016 bestätigt und einer Linkswende eine Absage erteilt. Nach dreieinhalb Jahren quälender (Selbst-)Blockade des Parlaments und Gezerre um den Brexit kann Johnson darunter einen Schlussstrich ziehen. Nun wird das Parlament den Austrittsvertrag annehmen und den Brexit zum 31. Januar beschließen.

Johnson, den seine zahlreichen Gegner in der europäischen Politik und Presse gerne als „Clown“ dargestellt und unterschätzt haben, hat mit einer geschickten Kampagne seine Macht gefestigt und eine so große Tory-Mehrheit errungen, wie man sie seit Thatchers Triumphen in den achtziger Jahren nicht mehr sah. Dutzendweise gewannen Johnsons Konservative in den einstigen Labour-Hochburgen Mandate. Viele Arbeiter haben sich von Corbyn wegen seines als Verrat empfundenen Brexit-Wackelkurses abgewendet. In der Mittelschicht und in Unternehmerkreisen atmen viele auf, dass ihnen eine Regierung von Corbyns Clique erspart bleibt. Im engeren Umkreis des Labour-Chefs tummeln sich Hardcore-Sozialisten, Marxisten und Ideologen. Corbyn selbst fiel mit zweifelhaften Aussagen zu „antiimperialistischen“ Diktatoren und islamistischen Terrorgruppen auf. Ihre Unfähigkeit, die lange Reihe antisemitischer Ausfälle von Labour-Mitgliedern wirksam zu unterbinden, hat der Partei ebenfalls schwer geschadet.

In den Augen der Wähler wirkten zudem die märchenhaften Ausgabenprogramme in hundertfachem Milliardenvolumen, die Labour versprach, überzogen und unglaubwürdig. Höher Steuern für die Mittelschicht wären die unvermeidbare Folge gewesen. Auch die versprochene Verstaatlichungswelle war nicht nach jedermanns Geschmack, zumal sich noch einige Briten an den Niedergang der verstaatlichten Industrien in den siebziger Jahren erinnern. In diese Zeit will kaum einer zurück. Corbyns Scheitern könnte auch manchem in der SPD zu denken geben, der sich nach einem prononcierten Linkskurs sehnt.

Nun also wird Boris Johnson das Land führen. Die Konservativen geben sich traditionell wirtschafts- und unternehmerfreundlich. Allerdings hat Johnson ein bemerkenswertes Signal gesendet, als er eine schon fest geplante Senkung der Unternehmenssteuer stornierte, um mehr Geld für Krankenhäuser zu reservieren. Es wird keinen „Thatcherismus auf Steroiden“ (Aufputschmitteln) geben, wie Corbyn es formulierte. Vielmehr haben die Tories eine vorsichtige Kurskorrektur eingeleitet. Sie bemühen sich um eine Abkehr vom langjährigen, harten Sparkurs, allerdings mit Augenmaß. Mehr Investitionen und Ausgaben für den unterfinanzierten Gesundheitsdienst sind dringend nötig, die Zustände in manchen Krankenhäusern schreien danach. Auch mehr Geld für Schulen und die Polizei findet breite Zustimmung. Angesichts des konjunkturellen Abschwungs und der niedrigen Zinsen ist ein höheres Haushaltsdefizit nicht unvernünftig. Eine Schuldenorgie wie bei Labour soll es aber nicht werden.

Die für die exportorientierte Industrie wichtigste Frage ist die nach den künftigen Beziehungen zur EU nach dem Ablauf der knappen Übergangsfrist bis Ende 2020. Ein möglichst umfassendes, tiefes Freihandelsabkommen wäre höchst wünschenswert, sonst drohen auf beiden Seiten empfindliche Einbußen. Wie schon beim „Deal“, den Johnson im Oktober mit der EU aushandelte, könnte sich der Premier flexibel zeigen. Dass die Tories eine komfortable Mehrheit errungen haben, gibt Johnson mehr Spielraum und macht ihn unabhängiger von den Stimmen der Brexit-Hardcorefraktion. Es ist ihm zuzutrauen, dass er entgegen vielen Befürchtungen die Übergangsfrist verlängert und einen weichen EU-Austritt ermöglicht.

Mit dem Austritt der Briten – die immerhin zweitgrößte europäische Volkswirtschaft, starke Militärmacht und große Kulturnation sind – erleidet EU-Europa einen herben Verlust. Die Briten waren oft ordnungspolitischer Verbündeter Deutschlands und Gegengewicht zu den zentralistisch denkenden Franzosen. Nun kehren sie der „immer engeren Union“ den Rücken und wollen lieber als unabhängige Nation mit globalem Horizont ihr Glück suchen. Das Brexit-Votum war zum Gutteil motiviert vom Wunsch, die eigene Souveränität nicht in einem europäischen Superstaat aufzugeben. Großbritannien kann auch eigenständig erfolgreich sein. Viele Brexit-Katastrophenprognosen haben sich als überzogen herausgestellt. Die Briten könnten beweisen, dass es auch außerhalb der EU ein Heil gibt.

Juden in der Labour-Party warnen: Wählt nicht unseren Chef

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Es war im beginnenden Wahlkampf für die meisten nur eine Randnotiz, doch eine mit großem Symbolgehalt: Der Verband Jewish Labour Movement (JLM) erklärt offiziell, dass er den Labour-Vorsitzenden Jeremy Corbyn im Wahlkampf nicht unterstützen wird. »Seit der Wahl von Jeremy Corbyn zum Labour-Anführer 2015 wurde zugelassen, dass sich eine Kultur des Antisemitismus in der Partei auf allen Ebenen ausbreitet und festsetzt«, klagt die Organisation, die nach eigenen Angaben gut 2000 Mitglieder hat.

Es gebe einfach zu viele Vorfälle und Skandale – »von den Wandgemälden bis zu den Kränzen«, wie das Jewish Labour Movement andeutungsweise schreibt. Corbyn verteidigte vergangenes Jahr ein Londoner Wandbild mit hakennasigen Bankiers, unter deren Monopoly-Tisch sich Hungernde krümmten. Und vor fünf Jahren legte er in Tunis einen Blumenkranz für »palästinensische Märtyrer« nieder, die sich als Schwarzer-September-Terroristen herausstellten, die 1972 bei den Olympischen Spielen in München elf jüdische Sportler ermordet hatten.

Hier weiterlesen.
(Der Artikel erschien in der “Jüdischen Allgemeinen” am 16. November)

Zensur und Meinungsdiktat auf dem Campus

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Kürzlich gab es die Aufregung an der Universität Hamburg, weil der einstige AfD-Gründer Bernd Lucke nach fünf Jahren im Europaparlament auf seine Professur für Makroökonomik zurückgekehrt ist. Lucke will und muss seinen Pflichten als Hochschullehrer nachkommen und Vorlesungen halten. Ein wütender Mob wollte ihn daran hindern. „Nazi-Schweine raus aus der Uni“ lauteten die Sprechchöre von Antifa-Sympathisanten (die damit die echten Nazis grob verharmlosten). Die Hochschule zeigte anfangs nur halbherzige Bemühungen darum, das grundgesetzlich garantierte Recht des Hochschullehrers durchzusetzen. Sein Fall wirft ein Schlaglicht darauf, wie es um die Wissenschafts- und Meinungsfreiheit an Universitäten bestellt ist, wenn dort eine Gruppe von lautstarken Aktivisten meint bestimmen zu können, wer Rederecht hat und wer nicht. Kurz darauf wurde eine Lesung des ehemaligen Innenministers de Maizière in Göttingen von militanten Linken verhindert.

Was vor mehr als fünfzig Jahren als „Free Speech Movement“ an kalifornischen Universitäten begann, hat sich längst in das Gegenteil verkehrt: ein Anti-Free-Speech-Movement. Studenten (überwiegend linksorientierte) wollen diktieren, wer sich nicht äußern darf. Schon damals konnte man bei Marcuse in der Schrift über die „Repressive Toleranz“ lesen, dass sie Konservativen und Rechten kein Rederecht zugestehen. Die Einschüchterungstaktik geht auf. Immer mehr Dozenten werden nicht mehr eingeladen und müssen verstummen. Die FAZ-Bildungs- und Wissenschaftsredakteurin Heike Schmoll nannte dies die „Selbstzerstörung der Wissenschaft“, wenn kontroverse, offene Debatten nicht möglich sind, weil eine Seite im Namen von „politischer Korrektheit“ oder „Sensitivities“ kaum verholen Zensur ausübt.

In Deutschland gab es die Fälle Baberowski (der Osteuropahistoriker wird an der Humboldt-Uni von eine kleinen Gruppe linksextremer Studenten permanent verfolgt und verleumdet), Münkler (das Büro des Politologen an der HU wurde von Linken vandalisiert), Schönecker (der Philosoph hielt an der Uni Siegen ein Seminar zum Thema Meinungsfreiheit ab, seine Uni-Leitung entzog ihm aber die Mittel dafür, da auch der Autor Thilo Sarrazin und der Philosoph und AfD-Abgeordnete Marc Jongen als Redner auftraten) und die Attacken auf die Islamwissenschaftlerin Schröter (gegen deren Diskussionsveranstaltung in Frankfurt zum Kopftuch machten sowohl Muslime als auch Linke heftig Front).

In Großbritannien zeigt nun eine neue Umfrage unter Studenten, dass weniger als die Hälfte das Grundrecht auf Redefreiheit (für kontroverse Sprecher) an der Uni wirklich unterstützen und dass zwei von fünf die Politik des „No Platforming“ unterstützen. Es soll keine Plattform, keine Bühne geboten werden für Redner, mit denen man nicht übereinstimmt. Die „Times“ berichtet auf der Titelseite unter der Schlagzeile „Students turn against free speech amid ‚culture of conformity‘“ über diese Umfrage und Studie des Thinktanks Policy Exchange.

In der Umfrage äußerten mehr als 40 Prozent, dass es richtig gewesen sei, dass die Universität Cambridge dem kanadischen Psychologen und Bestsellerautor Jordan Peterson das Fellowship entzog, nachdem es Proteste gegen ihn gab. 44 Prozent finden es richtig, dass die Feministin Germaine Greer nicht an der Uni Cardiff sprechen durfte, weil sie anzweifelt, dass „Trans-Frauen“ wirklich Frauen seien. Immerhin nur eine Minderheit von 26 Prozent will die Auftritte des Politikers Jacob Rees-Mogg verbieten, 52 Prozent sind gegen eine Zensur des kontroversen Konservativen.

Zwei Tage nach der Umfrage veröffentlichte die „Times“ einen Kommentar von Alice Thomson, immerhin Vice Editor, die alles relativierte und schrieb „Students have every right to ban speakers“. Die sensiblen Studenten seien von den heftigen politischen Kontroversen unserer Zeit abgestoßen und wollten sich nur schützen. „In an increasingly polarized world some young people have merely decided not to offer a platform to a few self-publicists, to demonstrate their distaste for attitudes they believe are outdated”, schrieb Thomson. Was für ein Hohn und was für ein fundamentales Missverständnis des westlichen Freiheitsbegriffs, wie ihn John Stuart Mill geprägt hat.

Es kann nicht sein, dass „some young people“ anderen diktieren, wen sie reden hören. Es ist ja stets so, dass eine Gruppe durch lautstarke, teils gewalttätige Proteste die Einladung einer anderen Gruppe verhindert. Das ist (privat ausgeübte) Zensur durch Einschüchterung und Bedrohung. Wer nicht hören will, was Peterson oder Greer oder Rees-Mogg sagen, sollte einfach nicht hingehen, aber es ist verwerflich, andere daran zu hindern, sie selbst ein Bild zu machen.

Auch ist es verharmlosend, eine Zahl von lediglich neun verhinderten Auftritte in den vergangenen Jahren zu nennen – denn jeder heftige Protest und jede Absage hat einen „chilling effect“, er schreckt andere ab, überhaupt noch den Versuch zu unternehmen, non-konforme oder kontroverse Redner einzuladen. Jeder Dozent weiß, dass er Ärger bekommt, wenn er den „Sensibilitäten“ von linken, muslimischen oder bestimmten sexuellen Gruppen in die Quere kommt.

Also überlegt sich jeder Dozent lieber dreimal, was er sagt. (An der Uni Siegen hatte ich als Lehrbeauftragter selbst einmal das Erlebnis, dass ein anonymes Schreiben einer Gruppe an verschiedene Professoren und die Hochschulleitung mich politisch diffamieren wollte – ich habe es einfach ignoriert, aber es war unangenehm, zumal die anderen Professoren die akademische Freiheit nur sehr halbherzig verteidigten.)

Viele westliche Universitäten sind auf einer gefährlichen Rutschbahn in die Unfreiheit. Einziger Ausweg ist, dass sich mutige Studenten und Dozenten bewusst dem entgegenstellen, bewusst immer wieder „kontroverse“ Redner einladen und Themen aufgreifen. „Das Geheimnis der Freiheit ist der Mut“, sagte Perikles. Das galt vor 2500 Jahren ebenso wie heute.

Jeremy Corbyn – ein Marxist kurz vor der Macht

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Dass ein Altlinker wie Jeremy Corbyn, der wichtige Teile der Wirtschaft verstaatlichen will und tief in Antisemitismus-Skandalen steckt, nahe an die Regierungsmacht im Vereinigten Königreich kommen könnte – noch vor ein paar Jahren hätte man das für sehr unwahrscheinlich gehalten. Doch inmitten der Brexit-Wirren ist es nicht ganz ausgeschlossen. Premierminister Boris Johnson könnte bald stürzen. Corbyn will in die Downing Street. Dann heißt es “Socialism in the UK”.

Hier ein Porträt von Jeremy Corbyn.

Niall Ferguson über die kulturelle Hegemonie der Linken

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Dieses bemerkenswerte Interview der NZZ mit dem Historiker Niall Ferguson sollte jeder gelesen haben.

Er beschreibt, wie die Linke es geschafft hat, mehr und mehr die kulturelle Hegemonie an den Universitäten (besonders in den Sozial- und Geisteswissenschaften) zu übernehmen und abweichende Meinungen zu stigmatisieren. Die Linken reden von “Diversity”, meinen aber in Wirklichkeit nur, dass es verschiedene linke, keinesfalls aber auch dezidiert konservative, rechtsliberale Meinungen geben soll. Fergusons Kernsatz: “Der Rahmen des Sagbaren im akademischen und öffentlichen Raum hat sich in den letzten Jahren drastisch verengt.”

Es stellt sich die brennende Frage: Wie kann man diese fortschreitende Einschränkung der Meinungs-, Forschungs- und Lehrfreiheit stoppen und wieder mehr Freiheit erreichen?


Grüne Klima-Heuchler

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Gerade die „grünen“ Milieus haben die höchsten CO2-Emissionen: Bei näherer Betrachtung gibt es dort viele Heuchler und Pharisäer

In Frankreich ist die „Kaviarlinke“ ein altes berühmt-berüchtigtes Phänomen. Reiche Leute mit Hang zum Luxusleben, die gerne Kaviar naschen und Champagner schlürfen und doch gleichzeitig von „Solidarität mit der Arbeiterklasse“ faseln und links politisieren. In Deutschland gab es auch Beispiele dieser heuchlerischen Links-reden-rechts-leben-Politiker. Da war etwa einmal eine hessische SPD-Spitzenkandidatin, die laut Programm die Gesamtschule einführen wollte, die ihre eigene Tochter aber auf lieber eine teure Privatschule schickte.

Nun ist es an der Zeit, die Grünen-Heuchler zu entlarven. Denn Studien und Umfragen zeigen, dass gerade bei den Grünen eine große Diskrepanz zwischen „Klimaschutz“-Rhetorik und eigenen „Klimasünder“-Taten besteht. Endlich die Grünen kritischer zu durchleuchten ist umso wichtiger, als diese Partei in den Umfragen so hoch liegt und offenbar sehr geschickt die Öffentlichkeit täuscht. Daran sind auch die vielen grünnahen Journalisten mitschuldig, die einen grünen Zeitgeist mitprägen.

Einen neuen Grad der Hysterie hat die Klimadebatte durch die schwedische Aktivistin Greta Thunberg bekommen. Die 16-Jährige war kürzlich im Zug aus dem hohen Norden bis nach Davos gefahren, um dort für eine drastische Verringerung der CO2-Emissionen zu werben. Greta „Ich bin in Panik und ich will, dass Ihr auch in Panik geratet“ Thunberg wurde von vielen Medien gerade in Deutschland als neue Aktivisten-Ikone auf die Titelseiten gehoben. Seitdem hat die „Fridays for Future“-Bewegung großen Zulauf, in vielen Städten gibt es Schülerdemonstrationen („Streiks“).

Zwischen Reden und Tun prominenter Grüner klafft indes oft eine auffällige Lücke. Die deutsche Klimaaktivistin Lisa Neubauer hält aufrüttelnde Reden auf Grünen-Parteitreffen und bei Schülerdemos. Die erst 21-Jährige hat jedoch durch eine stattliche Zahl von Langstrecken-Urlaubsreisen – nach Indonesien, Hongkong, Afrika, Amerika usw – selbst schon einen Berg von Kohlendioxid-Tonnen verursacht, mehr als mancher Durchschnittsdeutscher in zehn Jahren. Die „klimabesorgte“ junge Frau hat einen vielfach einen größeren CO2-Fußabdruck als der Durchschnittsbürger. Auch Robert Habeck hat etliche Langstrecken-Urlaubsreisen, etwa nach Indien, vorzuweisen.

Flugreisen sind mit Abstand die größten CO2-Versursacher in kurzer Zeit. Ein Trip im Flieger an die amerikanische Ostküste, etwa nach New York, stößt pro Person rund 4 Tonnen CO2 aus; bis an die amerikanische Westküste werden 6 Tonnen emittiert, etwa dreimal so viel wie ein ganze Jahr Autofahren (12.000 Kilometer) in einem Mittelklassewagen. Umso größer war die Aufregung in sozialen Netzwerken, als die grüne Fraktionsvorsitzende im bayerischen Landtag, Katharina Schulze, zum Jahreswechsel im Internet stolz Fotos von einem Kurstripp nach Kalifornien präsentierte.

Der Vorwurf: Die Grünen predigen Wasser und trinken Wein. Jemand wie Schulz, der sich vehement gegen die dritte Startbahn des Münchner Flughafens eingesetzt hat, ist selbst Vielflieger (Siehe dazu auch hier).

Das lässt sich sogar durch repräsentative Umfragen belegen. Die Forschungsgruppe Wahlen befragte vor einiger Zeit Bürger nach Flugreisen. Das Ergebnis: Mit Abstand sind die Grünen-Wähler diejenigen, die am häufigsten fliegen (49 Prozent hatten mindestens einen Flug in den letzten zwölf Monaten), vor Wählern der Linken (42 Prozent) und deutlich vor CDU/CSU- und SPD-Wählern (36 und 32 Prozent).

Und gleichzeitig finden die Grünen-Wähler am häufigsten, es sei nicht gut, „dass sich so viele Menschen heute leisten können zu fliegen“. Nur jeder Zweite findet es gut. Man nimmt also selbst Dinge in Anspruch, die man anderen eher nicht gönnt. Oder deren allgemeine Nutzung durch die breite Bevölkerung man ablehnt. Der Vorwurf der Doppelmoral liegt hier nahe.

Eine Studie des Umweltbundesamtes kam vor einiger Zeit zu einem erstaunlichen Befund, der den Vorwurf der Inkonsistenz verstärkt. Untersucht wurde der Pro-Kopf-Verbrauch von natürlichen Ressourcen durch unterschiedliche Bevölkerungsgruppen. Wenig überraschend: Die „gehobenen Milieus“, also jene mit hohem Einkommen, haben besonders viele und große Autos und energiefressende Geräte im Haushalt, ihre Wohnungen sind größer und verbrachen dementsprechend mehr Energie.

Aber auch die „kritisch-kreativen Milieus“ weisen ein „überdurchschnittliches Niveau des Verbrauchs stofflicher Ressourcen“ auf, ergab die Studie. Gerade jene „kritisch-kreativen Milieus“, die urbanen akademischen jungen Schichten, die stark zu den grünen neigen, haben je Kopf weit überdurchschnittlich hohe CO2-Emissionen, die auch nicht dadurch aufgefangen werden, dass sie im Bioladen Produkte aus der Region einkaufen. Gerade aber unter den „Kritisch-Kreativen“, die laut soziologischen Studien besonders „weltoffen“ sind, gibt es überdurchschnittlich viele Vielflieger, die Urlaubsreisen buchen, gerne auch mal einen Trip nach Neuseeland oder Kanada, um dort die unberührte Natur zu bewundern. Gleichzeitig sind sie sehr besorgt über die Auswirkungen der CO2-Emissionen auf das Klima. „In den traditionellen Milieus sind lange Urlaubsreisen weniger verbreitet“, notieren die Forscher.

Unter dem Strich kam die Studie zu dem Ergebnis, dass jene mit „positiver Umwelteinstellung“ beim tatsächlichen Energieverbrauch und bei den tatsächlichen CO2-Emissionen die höchsten Werte aufweisen. Im Umweltamt werden sie die „klimabesorgten Klimasünder“ genannt. Den Unterschied zwischen Reden und Handeln gerade im grünen Milieu zu diskutieren wäre bei den „Fridays for Future“-Demonstrationen sicher ein lohnendes Thema.

In den Vereinigten Staaten brachte vor einigen Jahren der damalige Vizepräsident Al Gore einen Film namens „Eine unbequeme Wahrheit“ über den Klimawandel heraus, in dem die Zuschauer mit Monsterwellen aufgrund steigender Meeresspiegel geschockt wurden. In Interviews lobte sich Gore für seinen „CO2-neutralen Lebensstil“, etwa dass er für Flugreisen einen Ausgleich bezahle. Dann aber kam eine andere „unbequeme Wahrheit“ heraus, dass nämlich Gores Villa im Bundesstaat Tennessee mit fast 1000 Quadratmetern Wohnfläche etwa zwanzigmal so viel Energie verbraucht wie das Haus einer amerikanischen Durchschnittsfamilie. Allein die Pool-Heizung verbraucht so viel Strom wie sechs Durchschnittshaushalte. Der sich grün gebende Politiker stand als Heuchler und Pharisäer da.

Zur Wahrheit gehört eben auch, dass gutverdienende Schichten sich teurere Energie besser leisten können als die Geringverdiener. Die von der grünen „Fridays for Future“-Bewegung geforderte drastische und abrupte Einschränkung der CO2-Emissionen, etwa durch Abschalten aller fossilen Kraftwerke, würde einen Anstieg der Energie- und Stromkosten bedeuten, der für die unteren sozialen Schichten nur schwer zu ertragen wäre. Ganz zu schweigen von Millionen Armen in anderen Erdteilen, die bei einer deutlichen Verteuerung der Energie wieder unter die absolute Armutsgrenze gedrückt würde. Die gehobenen und die kreativ-kritischen Bevölkerungsteile könnten damit leben, andere kaum.

Altmaier und Erhard?

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Der aktuelle Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) will sich gerne in eine Reihe mit dem legendären ersten Wirtschaftsminister der Bundesrepublik stellen. Ich sehe allenfalls in punkto Körperfülle eine Ähnlichkeit. Ansonsten aber bewegt sich Altmaier eher in Richtung französische Planification, vom marktwirtschaftlichen Geist Ludwig Erhards ist in GroKo-Zeiten wenig zu spüren. Weiter hier.