Wer kann das glauben? 2,5 Prozent Wachstum sagt der IWF im neuen “World Economic Outlook” (S. 51) für Griechenland in diesem Jahr voraus, für nächstes Jahr 3,7 Prozent.
Mit dieser überaus optimistischen Wachstumsprognose überrascht der Internationale Währungsfonds (IWF), der in den Verhandlungen über das Sanierungsprogramm eher als strenger Gläubiger auftritt. Selbst in Troika-Kreisen ist man verblüfft. Aus EZB-Kreisen ist zu hören, dass diese Prognose viel rosiger ist als das, was Poul Thomsen, der Leiter der Europa-Abteilung und IWF-Abgesandte in der Troika, sonst an Analysen äußert. Die IWF-Prognose liegt sogar über dem, was die Athener Regierung selbst für möglich hält (1,4 Prozent). Wie kann das sein? Glauben die IWF-Ökonomen an eine ökonomische Wunderkurve?
Alles deutet darauf hin, dass Griechenland im Winter wieder in eine Rezession gefallen ist. Seit der Aussicht auf vorgezogene Neuwahlen und dem Regierungswechsel Ende Januar ist die Unsicherheit über Griechenlands Zukunft so groß, dass fast alle Unternehmen ihre Investitionen erst einmal gestoppt haben. Die Entwicklung des vierten Quartals 2015 fiel negativ aus (minus 0,4 Prozent). Für das erste Quartal 2015 schätzt der Chefvolkswirt der Athener Eurobank Platon Monokroussos etwa 0,5 Prozent BIP-Schrumpfung. Nach diesem katastrophalen Start ins Jahr wird es für die griechische Wirtschaft äußerst schwierig, überhaupt noch ein Plus in diesem Jahr zu schaffen. 2,5 Prozent Plus, wie der IWF im WEO schreibt, erscheinen selbst den größten Optimisten in Athen absurd.
Der IWF hat in Griechenland schon einige Fehler gemacht. Hinter den Kulissen gab es heftiges Gezerre um die Hilfskredite an Athen – einige südamerikanische und asiatische Anteilseigner fanden, dass der IWF seine Regeln unstatthaft dehne und Athen mit viel zu viel Geld unter die Arme greife, während Athen viel weniger an Reformen liefere als den Südamerikanern in den achtziger Jahren und den Asiaten in den späten neunziger Jahren während ihrer Finanzkrisen zugemutet wurde.
Kann es sein, dass die IWF-Zahl im WEO eine rein politische Zahl ist – weil bei einem hohen prognostizierten Wachstum die Schuldenquote nicht zu arg steigt (zumindest auf dem Papier)?
Die Verschleierung des griechischen Desasters und die Insolvenzverschleppung gehen weiter.
Und ebenso wird wieder rhetorisch viel Wind gemacht: Finanzminister Giannis Varoufakis sagte heute in Washington, wer über eine “Grexit” spekuliere, der sei “anti-europäisch” – ein billiges Schimpfwort.